Jena: Achtsame Hochschulen in der digitalen Gesellschaft (AHDG)

Titel

Achtsame Hochschulen in der digitalen Gesellschaft (AHDG)

Autor/in oder Ansprechpartner/in

Prof. Dr. Mike Sandbothe, mike.sandbothe@eah-jena.de

PD Dr. Reyk Albrecht, reyk.albrecht@uni-jena.de

Institutionen

Ernst-Abbe-Hochschule Jena, Friedrich-Schiller-Universität Jena, Technische Universität Ilmenau

Zeitrahmen

2018-2020

Einleitung

Das Ziel des Thüringer Modellprojekts Achtsame Hochschulen in der digitalen Gesellschaft ist die bedarfsgerechte Entwicklung, praktische Umsetzung und qualitätssichernde Evaluation von Achtsamkeitstrainings an der Ernst-Abbe-Hochschule Jena, der Friedrich-Schiller-Universität Jena, der Technische Universität Ilmenau und weiteren interessierten Thüringer Hochschulen. Dies geschieht in den Bereichen Lehren und Lernen, Führen und Managen sowie Dienstleisten und Verwalten. Achtsamkeit bedeutet, bewusst aufmerksam zu sein, im gegenwärtigen Augenblick und ohne zu urteilen.

Theoretischer Hintergrund

Unter digitalen Bedingungen werden Kommunikations- und Informationsverarbeitungsprozesse zunehmend beschleunigt und parallelisiert. Aus diesem Grund nehmen Multitasking-Routinen im Alltag der digitalen Gesellschaft zu. Achtsamkeitstrainings reagieren darauf, indem sie sowohl die geistige Konzentration als auch die Fähigkeit zur Lenkung der Aufmerksamkeit erhöhen. So werden geistige Klarheit und die Fähigkeit zur Klärung von Prioritäten auch und gerade unter digitalen Bedingungen (z.B. Multitasking-Routinen) gezielt gefördert. Darauf weisen in der deutschsprachigen Diskussion insbesondere die Forschungen des Zukunftsinstituts von Matthias Horx hin.

Darüber hinaus fördert die mentale Meta-Kompetenz der Achtsamkeit weitere Schlüsselkompetenzen, die für die digitale Gesellschaft von zentraler Bedeutung sind. Dazu gehören geistige Offenheit und intellektuelle Flexibilität, Raum für neue Informationen sowie Ambivalenzkompetenz und Ambiguitätstoleranz. Ein durch Achtsamkeitstrainings konfiguriertes systemisches Bewusstsein hilft dabei, komplexe Sachverhalte angemessen zu bearbeiten, Fernwirkungen zu erkennen und den intellektuellen Horizont für mehr als eine Perspektive zu optimieren. Darauf haben u.a. die Harvard-Psychologin Ellen Langer und die MIT-Computersoziologin Sherry Turkle in ihren weltweit wirksamen Forschungspublikationen hingewiesen.

Mit Blick auf die soziale Ebene hat u.a. die ReSource-Studie des Max-Planck-Instituts für Kognitions- und Neurowissenschaften gezeigt, dass die Balance zwischen Eigen- und Fremdwahrnehmung in der Kommunikation durch mentale Achtsamkeitstrainings signifikant verbessert und so die eigene Kommunikations- und Teamfähigkeit sowie das Konfliktmanagement in analogen und digitalen Environments optimiert werden.

Design/ Methode

Das Thüringer Modellprojekt Achtsame Hochschulen in der digitalen Gesellschaft (AHDG) leistet praxisorientierte Forschung zur Klärung der leitenden Fragestellung, ob und wie die hochschulspezifische Vermittlung der mentalen Meta-Kompetenz der Achtsamkeit a) die Fähigkeit zu einem souveränen und fokussierten sowie sozial ausbalancierten Umgang mit digitalen Technologien verbessert und b) die Akzeptanz und Motivation für selbstbestimmte Gesundheitsförderung an Hochschulen stärkt. Dafür werden MBSR-Kursen an Thüringer Hochschulen für Studierende, Mitarbeitende, Lehrende und Führungskräfte angeboten sowie prozessbegleitend durch eine Fragebogenerhebung mit drei Messzeitpunkten und Kontrollgruppe evaluiert.

Fazit

Das Modellprojekt Achtsame Hochschulen in der digitalen Gesellschaft erforscht die Potentiale der mentalen Meta-Kompetenz der Achtsamkeit als grundlegende Kulturtechnik für die digitale Gesellschaft. Dies geschieht in einem ersten Schritt durch wissenschaftlich fundierte Konzeptentwicklung und systematische Bestandsanalyse der an Thüringer Hochschulen bereits vorhandenen Achtsamkeitspraktiken.

In einem zweiten Schritt erfolgt auf dieser Grundlage die bedarfsgerechte Entwicklung, evidenzbasierte Umsetzung und qualitätssichernde Evaluation von Achtsamkeitstrainings an daran interessierten Thüringer Hochschulen.

In einem dritten Schritt erfolgt die Ableitung eines hochschulübergreifenden konzeptionellen Ansatzes zur Etablierung einer Kooperationsplattform Achtsame Hochschule in der digitalen Gesellschaft (Thüringer Modell) zur Vorlage beim BMBF oder einem anderen Drittmittelgeber. Damit würden bundesweit eine Benchmark und auch international neue Akzente gesetzt.

Publikationen

Albrecht, R. (2015): Achtsamkeitstraining, Gesundheitsförderung und Prävention. In: Wozu gesund? – Prävention als Ideal. Kritisches Jahrbuch der Philosophie, Königshausen & Neumann, Würzburg, 125-139.

Sandbothe, M. (2015): Wozu „Gesundes Lehren und Lernen“? In: Wozu gesund? – Prävention als Ideal. Kritisches Jahrbuch der Philosophie, Königshausen & Neumann, Würzburg, 105-123.

Link

www.achtsamehochschulen.de

Gelingensfaktoren

Vielzahl von Kooperationspartnern mit Verbundenheit zum Achtsamkeitskonzept, überregionale Vernetzung, Verankerung in bestehenden Strukturen der genannten Institutionen

Herausforderungen

Organisation und Kommunikation der zielgruppenspezifischen Achtsamkeitskurse, standardisierte Erhebungsbedingungen, Koordination unterschiedlichster Kooperationspartner

Stand: August 2018