Tübingen: Achtsamkeit im Referendariat

Forschungsprojekt Achtsamkeit in der Lehrpersonenbildung
Titel Achtsamkeit im Referendariat
Autor/in oder Ansprechpartner/in Philipp Beuchel
philipp.beuchel@uni-tuebingen.de

Institution

Universität Tübingen

Zeitrahmen

2015-2021

Einleitung

Lehrpersonen sind sozialen und tätigkeitsspezifischen Stressoren ausgesetzt (z.B. Rollenkonflikte, Lärm usw.), was eine hohe soziale und kognitive Beanspruchung mit sich bringt. Das Referendariat wird als eine besonders stressreiche und belastende Phase während der professionellen Laufbahn empfunden. Zudem prägt diese Phase die Berufsbiographie in besonderer Weise, indem zukünftige Verhaltensmuster in Bezug auf das Unterrichten sowie die Bewältigung von Stress geformt werden.

Theoretischer Hintergrund

Aktuelle Forschungsergebnisse zu achtsamkeitsbasierten Interventionen zeigen, dass diese Stress mindern und soziale Fähigkeiten wie Empathie fördern können.

Design/ Methode

8-wöchige Intervention mit Prä-, Post- und FollowUp-(ca. 5 Monate nach Interventionsende)Messung. Eine wartende Kontrollgruppe erhält nach der Postmessung einen Kompaktkurs. Es konnten Daten von 42 Personen in die Auswertung einbezogen werden. Davon waren 19 in der Interventionsgruppe und 23 in der Kontrollgruppe.

Gemessen wurde zu allen 3 Zeitpunkten Achtsamkeit (FFMQ), Wahrgenommener Stress (PSS) und Arbeitsbezogene Verhaltens- und Erlebensmuster (AVEM) mittels Fragebögen, die Herzrate während dem Unterrichten und danach, das Verhalten im Unterricht mittels Videobeobachtung sowie die Unterrichtsqualität, wie sie von den Schülern empfunden wird.

Ergebnisse Am zweimonatigen Training teilnehmende Referendar*innen berichten im Vergleich zur Kontrollgruppe von gesteigerter Achtsamkeit, verringertem Beanspruchungsempfinden und gesteigertem Erfolgserleben im Beruf. Außerdem bewerten ihre Schüler*innen den Unterricht ruhiger und disziplinierter mit einem angemesserem Interaktionstempo. Diese Veränderung der Unterrichtsqualität zeigte sich allerdings erst nach 5 Monaten. Eine Trainingswirkung auf die Lehrpersonen-Schüler:innen-Beziehung zeigte sich in dieser Studie nicht. Ebenso konnte nur ein geringer Achtsamkeitstrainingseffekt auf die physiologisch gemessene Beanspruchung gefunden werden.
Fazit Die Studie gibt Hinweise darauf, dass ein Achtsamkeitstraining im Referendariat das subjektive Wohlbefinden verbessern und sich langfristig positiv auf die Klassenführungskompetenzen auswirken kann.
Links https://www.researchgate.net/project/Mindfulness-in-Teacher-Training
Gelingensfaktoren Die Kooperation mit den Lehrerseminaren für die Teilnehmendenrekrutierung ist praktisch gut durchführbar und gelingt da am besten, wo in der Institution jemand von der Wirksamkeit von Achtsamkeit überzeugt ist.
Herausforderungen Durch unterschiedliche Stundenpläne und Wünsche/Bedingungen des Lehrerseminars können nicht alle potenziell Interessierten teilnehmen und die Zufallszuweisung zu Experimental- oder Kontrollgruppe wurde erschwert, so dass nur ein quasi-experimentelles Studiendesign realisiert werden konnte.

Stand: Dezember 2021